Verbindlichkeit einer unbilligen Versetzungsweisung
Häufig entbrennt zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein Streit über eine Versetzungsanordnung. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn es sich um eine örtliche Versetzung handelt. Denn der Arbeitnehmer ist gegebenenfalls in der Stadt, in der er zum Zeitpunkt der Weisung für seinen Arbeitgeber tätig ist, familiär verwurzelt und nicht bereit, in eine andere Stadt umzuziehen.
Grundvoraussetzung einer Versetzungsweisung
Voraussetzung einer solchen einseitigen Versetzungsweisung ist grundsätzlich, dass im Arbeitsvertrag kein Arbeitsort festgelegt ist oder der Arbeitsvertrag eine (örtliche) Versetzungsklausel enthält. Ist dies nicht der Fall, so müsste der Arbeitgeber, wenn er sich rechtskonform verhalten und den Arbeitnehmer örtlich versetzen will, eine Änderungskündigung aussprechen, die nicht Gegenstand des vorliegenden Beitrags sein soll.
Billiges Ermessen
Ist aufgrund der vertraglichen Gegebenheiten eine Versetzungsweisung grundsätzlich möglich, also keine Änderungskündigung erforderlich, so kann der Arbeitgeber dennoch nicht willkürlich vom Arbeitnehmer verlangen, an einem anderen Standort des Unternehmens tätig zu sein. Eine Versetzungsweisung muss nämlich billigem Ermessen entsprechen. Das heißt letztlich, dass der Arbeitgeber nicht nur seine Interessen zu berücksichtigen hat, sondern auch die des Arbeitnehmers. Beide Interessen sind gegeneinander abzuwägen.
Klage gegen Weisung
Erfolgt eine Versetzungsweisung des Arbeitgebers und ist der Arbeitnehmer mit dieser nicht einverstanden, weil er der Auffassung ist, dass die Weisung nicht billigem Ermessen entspricht (also seine Interessen nicht hinreichend gewürdigt wurden), so kann er gegen diese Versetzungsweisung klagen. Wie hat sich der Arbeitnehmer aber zu verhalten, bis das Gericht entschieden hat? Bisher vertrat die Rechtsprechung grundsätzlich die Auffassung, dass der Arbeitnehmer auch einer seiner Auffassung nach unbilligen Weisung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Rechtsmäßigkeit der Weisung nachkommen muss. Weigert sich der Arbeitnehmer, der von ihm angezweifelten Weisung nachzukommen, begeht er nach dieser Rechtsauffassung eine Pflichtverletzung und riskiert (zumindest) eine Abmahnung. Ob an dieser für den Arbeitnehmer misslichen Rechtsauffassung in Zukunft festgehalten werden kann, ist fraglich. Die einzelnen Senate des BAG sind sich nicht (mehr) einig. In einem aktuellen Beschluss des 10. Senats des BAG vom 14.06.2017 (Az. 10 AZR 330/16) fragt dieser gemäß § 45 Abs. 3 S. 1 ArbGG beim 5. Senat zur Wahrung der Einheitlichkeit der obergerichtlichen Rechtsprechung an, ob der 5. Senat weiterhin daran festhalten möchte, dass Arbeitnehmer bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Weisung nachkommen müssen. Hintergrund ist, dass der 10. Senat genau die gegenteilige Auffassung vertreten möchte. Der 10. Senat ist also der Auffassung, ein Arbeitnehmer müsse einer Versetzungsweisung des Arbeitgebers, die er für unbillig hält, nicht vorläufig so lange nachkommen, bis eine rechtskräftige Entscheidung hierzu ergangenen ist.
Fazit
Derzeit ist Arbeitnehmern jedoch weiterhin dringend zu empfehlen, auch ihrer Auffassung nach unbilligen Weisungen nachzukommen, da nach derzeitiger Rechtsprechung immer noch gilt, dass der Arbeitnehmer unbilligen Weisungen bis zur rechtskräftigen Entscheidung nachzukommen hat. Andernfalls riskiert er eine Abmahnung und im schlimmsten Fall eine Kündigung. Es bleibt jedoch abzuwarten, wie sich der 5. Senat positioniert und ob er weiterhin an seiner Rechtsprechung festhält oder dem 10. Senat grünes Licht gibt.