Urlaubsgewährung auch ohne Antrag des Arbeitnehmers? Der Europäische Gerichtshof entscheidet!
Das Verfahren betreffend die Gewährung von Urlaub ist geklärt, so könnte man meinen. Urlaub wird vom Arbeitnehmer beantragt und vom Arbeitgeber genehmigt. So jedenfalls sieht ganz überwiegend die übliche Praxis in den Arbeitsverhältnissen dieser Republik aus.
Was aber, wenn der Arbeitnehmer den Anspruch auf Erholungsurlaub nicht oder nur teilweise geltend macht, er zum Jahresende aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet und am Ende des Arbeitsverhältnisses die Abgeltung des noch offenen Anspruches verlangt?
Einen solchen Fall hatte nun das Bundesarbeitsgericht (BAG) zu entscheiden. Wie sich aus der Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts vom 13.12.2016 ergibt, war in dem Fall der Kläger bis zum 31. Dezember 2013 befristet als Wissenschaftler beschäftigt gewesen. Mit Schreiben vom 23. Oktober 2013 bat ihn der Arbeitgeber, seinen Urlaub vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses zu nehmen. Der Kläger nahm am 15. November und am 2. Dezember 2013 jeweils einen Tag Erholungsurlaub und verlangte mit Schreiben vom 23. Dezember 2013 vom Arbeitgeber ohne Erfolg die Abgeltung von 51 nicht genommenen Urlaubstagen.
Die sich hieraus ergebende Rechtsfrage ist, ob der Arbeitgeber von sich aus den Urlaub auch ohne Antrag des Arbeitnehmers gewähren und somit dem Arbeitnehmer den Urlaub quasi aufzuzwingen muss. Hierzu ist der Arbeitgeber nach nationalem Recht (geregelt im Bundesurlaubsgesetz) eigentlich nicht verpflichtet. Vielmehr verfällt gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG der im Urlaubsjahr nicht genommene Urlaub des Arbeitnehmers grundsätzlich am Ende des Urlaubsjahres, sofern keine besonderen betrieblichen oder persönlichen Übertragungsgründe vorliegen. Ein solcher Übertragungsgrund kann beispielsweise eine längere Erkrankung des Arbeitnehmers sein. Derartige Gründe lagen hier jedoch nicht vor.
Wäre daher nur das nationale Recht die maßgebliche Entscheidungsgrundlage gewesen, wäre der Fall recht klar zugunsten des Arbeitgebers ausgegangen und der Resturlaub des Arbeitnehmers hätte wegen des Verfalls des Urlaubs zum Jahresende 2013 nicht abgegolten werden müssen. Das Bundesarbeitsgericht warf nun aber die Frage auf, ob es gegebenenfalls aufgrund europarechtlicher Bestimmungen geboten sei, dass der Arbeitgeber von sich aus den Urlaub auch ohne Antrag des Arbeitnehmers gewähren müsse. Dies war vom EuGH in mehreren Entscheidungen zumindest angedeutet worden.
Das BAG entschied sich, diese Frage nun durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) abschließend klären zu lassen und die Rechtsfrage dem EuGH in einem sog. Vorlageverfahren zur Entscheidung zu übermitteln. Genaueres wird man erst erfahren, sobald der Europäische Gerichtshof seine Entscheidung getroffen und begründet hat. Bis zur Entscheidung des EuGH über das Vorabentscheidungsersuchen wurde das beim BAG anhängige Revisionsverfahren ausgesetzt.
Sobald eine Entscheidung des EuGH vorliegen sollte, werden wir Sie selbstverständlich in unserem Blog darüber informieren.