Taktik im Kündigungsschutzprozess: „Rücknahme“ einer Kündigung, aber richtig!
Regelmäßig beauftragen Arbeitgeber einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses. Dabei stellt sich für den beratenden Anwalt, der zunächst im Vorfeld etwaiger Verhandlungen mit der Gegenseite das Risiko einzuschätzen hat, die Frage, ob Kündigungsgründe vorliegen. Kommt man nach einer ersten Einschätzung zu dem Ergebnis, dass hinsichtlich der Frage der Wirksamkeit der Kündigung ein hohes Risiko dafür besteht, dass die Kündigung als rechtswidrig und damit unwirksam angesehen werden könnte, so besteht das grundsätzliche Problem, dass der Arbeitgeber nach dem Ablauf der Kündigungsfrist in den so genannten Annahmeverzug gerät.
Das heißt, der Arbeitnehmer muss nicht mehr zur Arbeit erscheinen, der Arbeitgeber muss jedoch die Vergütung zahlen. Scheidet bereits in einem frühen Stadium eine einvernehmliche Lösung aus, weil sich beide Parteien nicht auf bestimmte Konditionen einigen können oder der Arbeitnehmer schlichtweg weiterarbeiten möchte, so besteht für den Arbeitgeber stets latent die Gefahr, dass er nach einem langwierigen Prozess die Vergütung nachzahlen muss, die seit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgelaufen ist.
Dann stellt sich die Frage, wie man das finanzielle Risiko für den Arbeitgeber weitestgehend reduziert. Im Falle einer offensichtlich unwirksamen Kündigung kann es daher Sinn machen, die Kündigung „zurückzunehmen“ und aus ihr keine Rechte mehr herzuleiten.
Die Kündigung stellt jedoch ein so genanntes einseitiges Gestaltungsrecht dar. Folge davon ist, dass nach dem Ausspruch und Zugang der Kündigung diese vom Erklärenden (Arbeitgeber) nicht mehr einseitig zurückgenommen werden kann. Allerdings folgt aus der Erklärung des Arbeitgebers, er wolle aus der Kündigung keine Rechte mehr herleiten und nehme diese daher zurück, dass er seine geschuldete Leistung (Zuweisung von Arbeit) erbringen möchte. Erforderlich ist dabei jedoch neben der „Rücknahme“ der Kündigung, dass der Arbeitgeber mit hinreichender Deutlichkeit erklärt, der Arbeitnehmer möge zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort die Arbeit wiederaufnehmen, BAG, Urteil vom 24.05.2017 5 AZR 251/16.
Tut er das nicht, endet auch der Annahmeverzug des Arbeitgebers nicht, wenn der Arbeitnehmer in der Folge nicht zur Arbeit erscheint.
Fazit:
Vor der „Rücknahme“ einer Kündigung sollte der Arbeitgeber genauestens mit seinem rechtlichen Berater das für und wider eines solchen Vorgehens besprechen. Im Rücknahmeschreiben ist zudem besonders darauf zu achten, dass Zeit und Ort genannt sind, so dass der Arbeitnehmer genau weiß wann und wo er die Arbeit wiederaufzunehmen hat.