Fristlose Kündigung von „Al Capone“ – Karneval macht`s möglich
In der Karnevalszeit findet so manche betriebliche Karnevalsfeier statt. Dass man gut beraten ist, es auf einer solchen Feier nicht allzu bunt zu treiben, zeigt ein Fall, mit dem sich jüngst das LAG Düsseldorf auseinanderzusetzen hatte.
Ein seit immerhin 28 Jahren als Einkaufssachbearbeiter beschäftigter Mitarbeiter nahm an Weiberfastnacht 2015 auf dem Betriebsgelände seines Arbeitgebers, verkleidet als „Al Capone“, an einer Karnevalsfeier teil. Wie an Weiberfastnacht nicht unüblich, versuchten zunächst zwei andere Mitarbeiterinnen mehrfach, die Krawatte des „Al Capone“ mit Hilfe einer Schere zu kürzen, wogegen dieser sich jedoch zur Wehr setzte. Später kam es dann noch zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Kläger und einem weiteren Mitarbeiter, in dessen Rahmen der Kläger diesen in den Unterleib getreten und ihn in das Gesicht geschlagen haben soll. Konkret soll er ihm, einen Brillenträger, den Inhalt eines Bierglases in das Gesicht geschüttet und ihm dann das leere Bierglas mit der Vorderseite in das Gesicht gestoßen haben, wobei das Bierglas zersplittert sei. Ein Notarzt habe mehrere Glassplitter aus der Stirn entfernt.
Der Kläger verteidigte sich damit, dass er zunächst von den Damen, die ihm die Krawatte abschneiden wollten, beleidigt worden sei. Auch von dem weiteren Mitarbeiter sei er fortwährend und auch in der streitigen Situation beleidigt worden. Er habe ihn zunächst von sich weggestoßen und dann nach ihm getreten, ohne ihn zu berühren. Letztlich habe er befürchtet, der Mitarbeiter werde ihn angreifen. Danach habe er keine genaue Erinnerung mehr. Der Kläger behauptet, dass er aufgrund einer krankheitsbedingten Angststörung reagiert habe, weil er sich bedroht gefühlt habe. Er sei zum angeblichen Tatzeitpunkt schuldunfähig gewesen.
Der Arbeitgeber bewertete das Verhalten des Mitarbeiters als grobe Pflichtverletzung und kündigte das Arbeitsverhältnis fristlos. Das LAG Düsseldorf (13 Sa 957/15) gab nun in einem am 22.12.2015 verkündeten Urteil dem Arbeitgeber Recht. Nach erfolgter Beweisaufnahme durch die Inaugenscheinnahme eines Beweisvideos sowie verschiedenen Zeugenvernehmungen kam das Gericht zu dem Schluss, dass das Verhalten nicht entschuldbar war und auch eine fristlose Kündigung rechtfertigte.
Die aktuelle Entscheidung des LAG Düsseldorf liegt – auch wenn die ausführliche Urteilsbegründung noch aussteht – auf der Linie der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Danach sind Tätlichkeiten unter Arbeitnehmern grundsätzlich geeignet, einen wichtigen Grund zur sofortigen Beendigung, sprich fristlosen Kündigung, des Arbeitsverhältnisses zu bilden (so z.B. Urteil des BAG vom 18.09.2008, Az.: 2 AZR 1039/06). Im Einzelfall hängt es allerdings immer von der Schwere des Pflichtverstoßes, also nicht zuletzt von der Intensität und den Folgen eines tätlichen Angriffs ab, ob die schwerwiegendste arbeitsrechtliche Sanktion einer fristlosen Kündigung gerechtfertigt ist oder gegebenenfalls auch nur der Ausspruch einer ordentlichen Kündigung bzw. einer bloßen Abmahnung. Diese stets anhand der Einzelfallumstände vorzunehmende Interessenabwägung hat das LAG Düsseldorf in dem zitierten Fall zu Lasten des Arbeitnehmers vorgenommen. Es mag sicher auch Einzelfälle geben, in denen das fröhliche Beisammensein im Rahmen einer Betriebsfeierlichkeit den Sorgfaltsmaßstab des Einzelnen etwas absenkt. So kann es beispielsweise zu Gunsten des Arbeitnehmers gewertet werden, wenn abschätzige Äußerungen auf einer Betriebsfeier unter (allgemeinem) Alkoholeinfluss getätigt werden (in diesem Sinne z.B. das LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 28.02.1983, Az.: 5 (2) Sa 529/82). Sobald jedoch massive Handgreiflichkeiten oder auch sexuelle Belästigungen im Raum stehen, vermögen derartige Umstände zumeist keine ausreichenden entlastenden Umstände mehr zu begründen.