Bundesarbeitsgericht: Mindestlohn auch bei Entgeltfortzahlung und Urlaub
Das Bundesarbeitsgericht hat in einer aktuellen Entscheidung vom 13.05.2015 wichtige Weichen für die Handhabung des Mindestlohngesetzes bei der Entgeltfortzahlung an Feiertagen und bei Arbeitsunfähigkeit sowie für die Berechnung der Urlaubsabgeltung gestellt.
Zwar betrifft die Entscheidung nicht unmittelbar die Vorschriften des seit dem 01.01.2015 geltenden Mindestlohngesetzes. Vielmehr war Gegenstand der Entscheidung ein Arbeitsverhältnis, welches aufgrund einer Mindestlohnverordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales dem Geltungsbereich eines branchenbezogenen Tarifvertrages zur Regelung des Mindestlohns unterfiel (TV-Mindestlohn). Dieser sah eine Mindeststundenvergütung von 12,60 € brutto vor. Der Arbeitgeber zahlte diese allerdings nur für tatsächlich geleistete Arbeitsstunden und für Zeiten des Urlaubs. An Arbeitstagen, die durch Feiertage oder wegen Arbeitsunfähigkeit ausfielen, zahlte der Arbeitgeber die einzelvertragliche Vergütung, welche geringer war als die Vergütung nach dem TV-Mindestlohn. Auch bei der Urlaubsabgeltung legte der Arbeitgeber nur die geringere einzelvertragliche Vergütung zu Grunde.
Dieser Vorgehensweise hat das Bundesarbeitsgericht einen Riegel vorgeschoben. Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass die betroffene Arbeitnehmerin auch für die Arbeitszeit, die wegen eines gesetzlichen Feiertags oder wegen Arbeitsunfähigkeit ausfällt, Entgelt in Höhe der Mindeststundenvergütung nach dem TV-Mindestlohn beanspruchen kann. Dies folge aus dem Entgeltausfallprinzip des Entgeltfortzahlungsgesetzes (§ 2 Abs. 1, § 3 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 EFZG). Entsprechendes gelte auch für die Berechnung der Urlaubsabgeltung. Die Höhe der Urlaubsabgeltung errechne sich nach dem Referenzprinzip aus der durchschnittlichen Vergütung der letzten 13 Wochen (§ 11 BUrlG). Die Vorschriften des Entgeltfortzahlungsgesetzes und des Bundesurlaubsgesetzes sind nach dem Bundesarbeitsgericht auch dann anwendbar, wenn sich die Höhe des Arbeitsentgelts nach einer Mindestlohnregelung richtet, die keine abweichenden Bestimmungen zur Entgeltfortzahlung und zum Urlaubsentgelt enthält. Der Arbeitgeber könne sich in diesen Fällen nicht auf eine niedrigere individualvertraglich vereinbarte Vergütung berufen.
Die vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Grundsätze dürften auf den Mindestlohn nach dem seit dem 01.01.2015 geltenden Mindestlohngesetz übertragbar sein. Auch dieses enthält (wie der TV-Mindestlohn) keine abweichenden Bestimmungen zur Berechnung der Entgeltfortzahlung und des Urlaubsentgelts bzw. der Urlaubsabgeltung. Deshalb kann der Arbeitgeber auch für Zeiten des Arbeitsausfalls an Feiertagen und bei Arbeitsunfähigkeit und für die Berechnung der Urlaubsabgeltung den Arbeitnehmer nicht auf eine etwaig vereinbarte niedrigere individualvertragliche Vergütung verweisen, sondern muss die Entgeltfortzahlung und Urlaubsabgeltung auf der Basis des gesetzlichen Mindestlohns berechnen.