Arbeitszeit ist nicht gleich Arbeitszeit
Häufig stellt sich sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer die Frage, was unter dem Begriff der Arbeitszeit zu verstehen ist. Wichtig hierbei ist das Verständnis, dass verschiedene Arbeitszeitbegriffe voneinander zu unterscheiden sind.
Insbesondere geht es dabei um den Begriff der Arbeitszeit im Sinne eines geschlossenen Arbeitsvertrages, zum anderen um den Begriff, wie er vom sogenannten Arbeitszeitgesetz verwendet wird, also der Arbeitszeit im arbeitsschutzrechtlichen Sinne.
Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes
Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit. Maßgebend für die Beurteilung ist, ob der Arbeitnehmer die Zeit im Interesse seines Arbeitgebers aufwendet und wie hoch der Grad der Belastung dabei ist. Damit zählt die Wegezeit, also die Zeit von der Wohnung des Arbeitnehmers bis zum Betrieb, nicht als Arbeitszeit. Auch Dienstreisezeiten zählen grundsätzlich nicht zur Arbeitszeit im arbeitsschutzrechtlichen Sinne. Dies kann jedoch anders zu beurteilen sein, wenn die (Haupt-)leistungspflicht des jeweiligen Arbeitnehmers gerade darin besteht, zu reisen, was u. a. bei einem LKW-Fahrer der Fall ist, der von seiner Wohnung aus zu einer Fahrt aufbricht. Auch kann dies anders zu beurteilen sein, wenn der Arbeitnehmer auf der Dienstreise eine Leistungspflicht aus dem Arbeitsverhältnis erbringt, indem er zum Beispiel während einer dienstlich veranlassten Zugreise Akten bearbeitet.
Bei Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz, insbesondere bei Überschreitung der gesetzlich vorgegebenen Höchstarbeitszeiten, drohen dem Arbeitgeber Bußgelder. Im schlimmsten Fall macht er sich sogar strafbar. Für Arbeitgeber ist es daher regelmäßig von entscheidender Bedeutung, ob im Einzelfall Arbeitszeit im arbeitsschutzrechtlichen Sinn vorliegt.
Arbeitsvertragliche Arbeitszeit
Aus Arbeitnehmersicht stellt sich dagegen meist eher die Frage, für welche Zeiten und in welchem Umfang eine Vergütungspflicht des Arbeitgebers besteht, also ob Arbeit im Sinne des Arbeitsvertrags geleistet wird.
Arbeitszeit im arbeitsvertraglichen Sinne ist die Arbeitszeit, die im Arbeitsvertrag festgelegt ist. Sofern keine abweichenden (tarif-) vertraglichen Regelungen existieren, ist diejenige Zeit, die zur Erbringung der vertraglich geschuldeten Leistungen vom jeweiligen Arbeitnehmer aufgewendet wird, vergütungspflichtige Arbeitszeit. Konsequenterweise kam das Bundesarbeitsgericht in einer aktuellen Entscheidung zu dem Ergebnis, dass das Umkleiden Teil der vom Arbeitnehmer geschuldeten und ihm zu vergütenden Arbeitszeit ist, wenn der Arbeitgeber das Tragen bestimmter Kleidung, die im Betrieb an- und abgelegt werden muss, vorschreibt; vgl. BAG, Urteil vom 26.10.2016, 5 AZR 168/16. Der Arbeitgeber machte mit der Weisung von seinem ihm durch den Arbeitsvertrag vermittelten Direktionsrecht Gebrauch. Das Umkleiden war somit eine vergütungspflichtige (Neben-)leistungspflicht.
Fazit
Die Fragestellung, ob vergütungspflichtige Arbeitszeit und/oder Arbeitszeit im arbeitsschutzrechtlichen Sinne vorliegt, kann im Einzelfall rechtlich sehr komplex sein. Dies zeigt sich auch daran, dass immer wieder das Bundesarbeitsgericht in Anspruch genommen wird, um einzelne Sachverhalte einzuordnen. Eine anwaltliche Beratung kann dabei helfen, grobe Fehleinschätzungen im Vorfeld eines Konflikts zu vermeiden.